08/08/2024 0 Kommentare
Spaziergänge für das Herz und gegen die Einsamkeit – seit September 2023 auch in Nienstedten
Spaziergänge für das Herz und gegen die Einsamkeit – seit September 2023 auch in Nienstedten
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Spaziergänge für das Herz und gegen die Einsamkeit – seit September 2023 auch in Nienstedten
‚Nichts geht mehr‘, hieß es im großen Lockdown 2021. Aber im wahrsten Sinne des Wortes sind wir damals in der Kirchengemeinde Bugenhagen-Groß Flottbek einfach losgegangen. Raus gehen, spazieren gehen – das durften wir trotz Corona und das war gut so, denn die Not der alten und einsamen Menschen war groß. Das habe ich in meiner täglichen Arbeit mit älteren, alleinlebenden Menschen deutlich mitbekommen.
Mein Projekt ‚An Ihrer Seite‘ begleitet diese Personengruppe bei allen Fragen der Vorsorge im Alter. Die Angst und der Rückzug durch die Pandemie verschlimmerten die ohnehin nicht leichte Lebenssituation alter und alleinlebender Menschen in unserer Gesellschaft.
Heute überraschen mich bei den Herzensspaziergängen auch nach drei Jahren die ‚Vor- und Nachher-Gesichter‘ der Teilnehmenden. Die lachenden und offenen Minen entstehen nicht durch die Make-up-Künste der Visagistin einer Frauenzeitschrift, sondern durch Freude an der Bewegung, frischer Luft und dem intensiven Austausch mit einerTandempartnerin.
Unter dem Motto ‚Was tut meinem Herzen gut?‘ sprechen die Herzensspaziergängerinnen miteinander über das, was in ihrem Leben wirklich zählt, was sie persönlich angeht, über ihre Lebenssituation und ihre individuellen Begabungen. Themen der Herzensspaziergänge sind beispielsweise ‚Freundschaft‘, ‚Lebensträume‘, ‚Frieden‘ oder ‚Humor‘.
Aus der Depressionsforschung weiß man, dass es sehr wohltuend und heilsam ist zu laufen und dass sich in der Bewegung auch verknotete Gedanken im Gespräch leichter lösen lassen.
Es sind immer drei Spaziergänge, für die man sich anmeldet. So entsteht die Möglichkeit, jeweils mit einem anderen Menschen unterwegs zu sein und die Gruppe, in der Regel 8 – 10 Personen, lernt sich auch als Ganzes kennen. Das Angebot ist offen für alle Menschen, auch Nicht-Kirchenmitglieder, ist kostenfrei und wird auch nach fast drei Jahren begeistert angenommen.
Die Menschen werden ermutigt, für ihre eigenen Herzensangelegenheiten aktiv zu werden und neue Kontakte zu knüpfen. Nach einer Begrüßung und Einführung ins jeweilige Thema geht es im Tandem mit einer ‚Wundertüte‘ auf den Weg. Nach ca. einer Stunde Spaziergang trifft sich die Gruppe wieder im Raum für einen Austausch und Abschied.
Man kann sagen, dass die Herzensspaziergänge oftmals hilfreiche Anstubser sind, um selbst etwas auf die Beine zu stellen. Es fördert enorm die Selbstwirksamkeit und zudem das Gefühl von Zugehörigkeit. Es entspricht meiner Vorstellung von heutiger Seniorenarbeit, in dem es die Autonomie des Einzelnen stärkt und Hilfe zur Selbsthilfe gibt. Eine Spaziergängerin sagte mir mal in der Abschiedsrunde, dass sie sehr dankbar dafür sei, dass nicht Kaffee und Kuchen oder Bingo angeboten wurden, sondern Themen, die sie wirklich angingen und sie mit all ihren Potentialen und Herzensthemen ernst genommen wurde.
Nachhaltige Wirkung für den Stadtteil
Seit 2019 ist viel geschehen. Es haben sich Herzensspaziergängerinnen zusammengefunden, um selbst Spaziergänge zu organisieren, zusammen zu frühstücken, gemeinsam ins Theater oder Kino zu gehen, zu spielen, zu tanzen, zu singen, zusammen zu kochen, über Literatur zu diskutieren oder zusammen zu verreisen.
Zwei besondere Ideen, aus der Gruppe heraus entstanden, möchte ich vorstellen. Eine 84jährige Teilnehmerin erzählte beim Herzensspaziergang zum Thema Lebensträume, dass es bei ihr immer das Reisen war und sie nun am Rollator gehend, den großen Traum habe, noch einmal nach Helgoland zu reisen. Spontan äußerten an dem Tag drei weitere Frauen in der Gruppe, dass sie sofort dabei wären – am Ende reiste eine Gruppe von zehn Frauen gemeinsam nach Helgoland. Komplett selbst organisiert und mit so viel Freude, dass die Gruppe nun schon ihre dritte Reise plant.
In dem anderen Fall handelte es sich um eine Spaziergängerin, die den Mut hatte von ihrer in der Pandemie entstandenen Kaufsucht per Internet in der Gruppe zu berichten. Durch ihre Offenheit konnte sich am Ende mit meiner Unterstützung eine Selbsthilfegruppe entwickeln, die sich regelmäßg trifft.
Die letzte Frucht der Herzenswerkstatt ist ein kleines nachbarschaftliches ‚Erste Hilfe-Netzwerk‘. Zwölf Teilnehmerinnen haben sich zu einer Telefonkette zusammengeschlossen, um sich im Falle eines ‚Notfalls‘ gegenseitig zu unterstützen. Die Idee war entstanden, nachdem eine Spaziergängerin erzählt hatte, dass sie in der Coronaerkrankung Probleme mit der Versorgung hatte.
Der nächste Herzensspaziergang findet statt am Donnerstag, den 07.03.2024. Treffpunkt um 14:30 Uhr im Gemeindehaus Elbchausee 406.
Auskunft und Anmeldung: Susanne Seefeldt, Tel. 040 38019847
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